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Montag, 03 April 2017 18:12

11.03. - 25.03.2017 Fotoreise Kuba

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Kuba und der Wandel

Kaum ein Zeitungsartikel, Reisebericht oder Blog, der sich nicht mit dem „Wandel“ auf Kuba beschäftigt und mit der Empfehlung endet: schnell hinfahren, bevor das „alte“ Kuba für immer verschwunden ist. Vielleicht ein Marketing-Gag des Kubanischen Fremdenverkehrsverbandes (so es ihn denn gibt)? Und tatsächlich: Kuba hat sich in den letzten Jahren zu einem beliebten Fernreiseziel entwickelt, auch jenseits von Varadero und anderen Touristen-Gettos: In Havanna, Trinidad, oder Vinales drängen sich die Massen, es ist voll geworden auf Kuba. Und vermutlich steht die Entwicklung erst am Anfang: Die US-Amerikaner sind bisher eher in der Minderheit. Verständlich, dass die Kubaner ihre Chance ergreifen. In den engen Gassen von Alt-Hanna wird gesägt, gehämmert und geschraubt was das Zeug hält und in Vinales oder Trinidad gibt es kaum ein Gebäude, in dem kein Zimmer vermietet wird. Und täglich kommen neue Casas hinzu.

Für Fotografen, die bisher von der morbiden Atmosphäre, den maroden Häusern oder den farbenfrohen Oldtimern fasziniert waren, erstmal keine erfreuliche Entwicklung. All das gibt es zwar auch heute noch, aber an den touristischen Brennpunkten stehen halt immer öfter Menschen mit Selfi-Sticks im Bild. Die früher stillen, kopfsteingepflasterten Gassen in Trinidad gibt es zwar noch, viele sind jedoch inzwischen mit japanischen Klein- und Mittelklasseautos mit T-Kennzeichen (T für Tourista) zugeparkt. Aber seien wir ehrlich, dieses Phänomen beobachten wir auch in anderen Ländern und anderen Touristen-Hochburgen in der Welt. Man denke nur an Island, wo bereits zum Sonnenaufgang unzählige Reisebusse die Sicht auf die leicht zugänglichen Wasserfälle versperren. Und Touristen sind ja bekanntlich sowieso immer die anderen, nicht wir.

Die Herausforderung für uns Fotografen besteht folglich nicht nur auf Kuba darin, ausgetretene Pfade zu verlassen, neue Orte, Zeiten, Sichtweisen oder Perspektiven zu suchen, also eigentlich etwas, was ein guter Fotograf sowieso immer machen sollte. Und speziell auf Kuba ist das nicht schwer: Zum Sonnenaufgang ist der Malecon weitgehend touristenfrei. Nur wenige Blocks links und rechts der touristischen Hauptschlagader Calle Obispo existiert nach wie vor ein Dorado für Streetfotografen: Man suche sich einen interessanten Ort (vielleicht mit einem der unzähligen Graffities oder interessantem Lichteinfall), nimmt an der Kamera die entsprechenden Einstellungen vor und wird schon nach kurzem warten belohnt: ein interessanter Fussgänger kreuzt die Bühne, ein Fahrradtaxi kommt vorbei oder ein farbenprächtiger Oldtimer blubbert ins Bild. Und das schöne: Der Fotograf ist den meisten Kubanern ziemlich gleichgültig. Andererseits lassen sie sich gerne fotografieren und nach kurzer Kontaktaufnahme ergeben sich Gelegenheiten zu wunderschönen Portraits.

Auch die meisten Dörfer und Kleinstädte sind immer noch unberührt. Einfach anhalten, aussteigen und sich ein wenig für die Menschen interessieren. Man bekommt einen interessanten Einblick in den Alltag, den man ohne Probleme mit entsprechenden Fotos dokumentieren kann. Es gibt überall bisher unbekanntes zu entdecken: z. B. eine Werkstatt für alte Dampfloks irgendwo am Weg nach Cienfuegos. Die Herzlichkeit der Leute dort war überwältigend. Der Feuerwehrhauptmann einer Wache in Santa Clara. Anfangs etwas zurückhaltend, dann auskunftsfreudiger, aber immer noch unsere Bitte ablehnend, die herrlich roten Feuerwehrautos aus der Nähe zu fotografieren. Nach 10 Minuten dann doch die Erlaubnis, sich die Fahrzeugen näher anzuschauen.

Oder die Fotoschule in Havanna, der Tipp einer Straßenkünstlerin, getroffen am Malecon. Wir erfuhren einiges über die (Profi- und Amateur-)Fotografenszene Havannas. Eine spontan vereinbarte Fotosafari am letzten Tag unseres Aufenthaltes war für drei Stunden geplant, unsere beiden Guides waren von uns und wir von Ihnen so begeistert, dass daraus über vier Stunden wurden.

Fazit: Ja, Kuba wandelt sich. Ein Urteil, ob zum Guten oder Schlechten, steht uns nicht zu, das können nur die Kubaner für sich entscheiden. Wer nach dem „alten“ Kuba sucht, wird es auch in einigen Jahren noch finden, er muss jedoch vielleicht etwas länger suchen bzw. sich mehr Mühe geben, es zu finden.

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